Vertiefender Text zu unserer Archivarbeit und weiteren Spurensuche
Das geplante „Aufspüren, Erklären, Verstehen und Dokumentieren“ von historischen Etappen der „Binnenbeziehungen“ Haslohs lässt der Archivbestand, wie bereits vorstehend dargelegt, erst für den Zeitraum ab dem ausgehenden 17. Jahrhundert zu. Und dann zudem zunächst nur mit wenigen Belegen. Diese Feststellung gilt ebenfalls für die Verschränkungen Haslohs mit seinen Außenregionen. Denn es gibt nur wenige dokumentierte Hinweise auf von außerhalb hereinbrechende Problemlagen, wie beispielsweise die Gefährdungen durch die aus Altona eingeschleppte Pest oder die schwierige Bewältigung großer Truppen-Einweisungen in alle örtlichen Gehöfte während des Nordischen Krieges (1700-1721 / Große Einquartierungen vor allem im Jahr 1721). Intensivere historische Erinnerungsbelege sind dann mit Beginn des 18. Jahrhunderts verfügbar, jedoch für die ersten Jahre jener Zeit ebenso nur mit „dünner“ Aktenlage. Dabei handelt es sich (1.) um Belege über die Entsendung Hasloher Männer in Ämter Pinneberger Zuständigkeitsbereiche sowie (2.) um Ge-richtsurteile, (3.) um Kurzaufzeichnungen zum entstehenden Schulwesen und (4.) um Verweise auf kriegerische Konflikte und deren Folgen, die die Herrschaft Pinneberg - und darin eingebunden auch Hasloh - mit großen Krisen bedroht haben. Erstgenanntes lässt Aufschlüsse über lokale und regionale politische Strukturen und Haslohs Beteiligungen daran zu. Das Zweitgenannte beschreibt in den Urteilsbegründungen rudimentäre strafrechtlich relevante Verhaltensweisen, die einzelne Hinweise zu den sozialen Lebensumständen Verurteilter zulassen. Das dritte Genannte liefert insbesondere Verweise auf personelle Aspekte der Schulführung, der Gestaltung des Hasloher Schulwesens als zunächst ein-, dann später zwei-zügige Beschulung sowie der Bildungsinhalte, Anwesenheitspflichten und räumlichen Ausstattung des dörflichen Lernortes. Und mittels des vierten Archivzugriffs gewinnen wir Eindrücke davon, mit welcher zerstörerischen Wucht kriegsbedingte Schädigungen Haslohs Chancen auf friedliche Möglichkeiten der Eigenentwicklung wiederholt stranguliert haben.
Auffällig erfreulicher erweist sich dann die Materiallage unserer Geschichtswerkstatt ab dem 19. Jahrhundert mit zunehmend dichter ausfallenden Geschichtsinformationen. Diese Feststellung gilt vor allem bezogen auf die weitere Gestaltung des dörflichen Schulwesens. So ist zum Beispiel eine im Jahr 1801 beginnende Chronik unserer Dorfschule, die bis in die Gegenwart in der Peter-Lunding-Schule fortgeschrieben wird, eine recht reichhaltige Quelle unseres Archivs zu den Fragen, wie sich die Bildungsbemühungen und die Schule als sozialer Begegnungsort in unserem Dorf entwickelten. Zu den weiteren stetig aufschlussreicher beschriebenen Dokumentationen gehören vorrangig Ausführungen zum Grundbesitz in Hasloh, zur Infrastrukturentwicklung, zu Eigentumsübertragungen, zu den Familiengeschichten von seit langen Zeiten im Dorf ansässigen Einwohnern (belegt durch die stetig zu verzeichnende Weitergabe zahlreicher Familiennamen), zur sich vielschichtig entwickelnden lokalen Geselligkeits- und Vereinskultur und zu Hasloher Verpflichtungen bzw. Dienstbarkeiten für die Gesamtregion Pinneberg. Der seither zusammengetragene Sammelbestand weist über 1000 solide Hinweise, mehrere lobenswert anschauliche und gehaltvolle Berichte, Fotographien, Requisiten etc. auf, welche aufschlussreiche Beschreibungen wie auch Erklärungen zum historischen Erinnerungsort Hasloh zulassen würden. Dies in die Wege zu leiten setzt allerdings das Interesse von mehr ehrenamtlichen Mitstreitern als bisher voraus, die bereit wären, die Geschichtswerkstatt Hasloh zum Erfolg zu führen.
Die Mitglieder der Geschichtswerkstatt treffen sich möglichst jeden Dienstagnachmittag im Dörphus, wo sich unser Hauptarchiv und unser Konferenzraum befinden. Dort werden die Planungen für unsere Vorhaben besprochen, gemeinsame zusätzliche Arbeitstreffen verabredet sowie arbeitsteilig Aufträge für die besondere Zuarbeit zu Themen durch einzelne Mitglieder (Homeoffice / Bibliotheksbesuche) vereinbart.
Die Kernaufgaben unserer Arbeit beziehen sich auf das Sammeln und Archivieren von geschichtsprägenden Dokumenten / Publikationen / Lebenserinnerungen / Objekten der Gestaltung unseres Gemeinwesens. Dabei richtet sich unser Blick zum einen auf die Binnenentwicklung unseres Dorfes. Zum anderen berücksichtigen wir gleichwertig, wie sich regionale, nationale und globale Entwicklungen auf Hasloh ausgewirkt haben (Beispiel: Corona Pandemie ab 2020). Wir beschreiben, bewerten und erklären in verständlicher Form die Ursachen und Wirkungen der von uns in den Blick genommenen historischen Abläufe. Bei der Einordnung unserer Befunde zu den Etappen der Gestaltung unseres dörflichen Gemeinwesens berücksichtigen wir zum Abgleich und zur Bewertung Studien der allgemeinen Geschichtswissenschaft. Wir dokumentieren unsere Untersuchungsergebnisse und machen sie den Bürgern als Veröffentlichungen in unseren Geschichtsschaukästen und über diese unsere Internetplattform bekannt.
Wir streben an, unsere Untersuchungen in regelmäßigen Zeitabständen abschließen zu können. Damit wollen wir zu informativen Kenntnissen beitragen, die zwar speziell kommunales Leben und Handeln in der Vergangenheit aufspüren, jedoch mit den ausgewählten Themen zugleich an Ereignisse der Gegenwart anknüpfen. Ein Beispiel dafür ist das Themenfeld „Hyperinflation von 1923“ (vor 100 Jahren). Hierzu wird die Geschichtswerkstatt in unserer Rubik „Abhandlungen“ alsbald einen vertiefenden Beitrag vorlegen. Es geht angesichts der aktuellen Inflationserlebnisse dabei um erkennbare Ähnlichkeiten, die zur Planung unseres gegenwärtigen Handels möglicherweise als denkbare „Überlegungs- und Entscheidungsanregungen“ nützlich sein könnten. Zwar wissen wir, dass sich Geschichtsverläufe nicht gleichförmig wiederholen. Denn ihnen liegen jeweils Ursachen und Anlässe zugrunde, die aus der Dynamik einer jeweilig andersartigen Epochenentwicklung hervorgegangen sind, also aus den seinerzeit originär gegebenen politischen, sozialen, wirtschaftlichen etc. Lagen sowie den damaligen Mentalitäten sowie Erkenntnisfähigkeiten. Dennoch sind vielfach Analogien zwischen den Abläufen von gestern und heute erkennbar. Diese entdecken und erklären zu können kann für die Bewältigung der Gegenwart durchaus von Nutzen sein: Dem Einzelnen könnte ein solches historisch fundiertes Wissen Orientierungshilfen für persönliche Daseinsplanungen und deren Bewältigung liefern. Dies ist oft verbunden mit Rücksprachen in solchen Gruppen, in die sich einzelne Personen besonders eingebunden fühlen. Und Ansichten Einzelner generieren zumeist Ausstrahlungseffekte für einen Gruppenverbund, wodurch gemeinsam getragene Interessen / Mentalitäten im Unterschied zu anderen Ansichten in der Kommune entstehen und zu konkurrierenden Vorschlägen für die zukünftige gemeinsame Gestaltung des Wohnortes aufwachsen. Für Verantwortliche in Bereichen von Politik, Wirtschaft, Bildung etc. besteht der denkbare historische Erkenntnisnutzen insbesondere im Nachvollzug von Lagebedingungen und Strukturen wesentlicher gesamtkommunaler Entscheidungen, der erkennbaren Eigendynamik des Verlaufs solcher Prozesse und der Erfahrungen mit der Umsetzbarkeit von Entscheidungen in Handlungsalternativen. Kurzum: Es geht darum, Anhaltspunkte für das Machbare auf der Grundlage bereits erfahrener Erfolge, aber auch von Misserfolgen bei der Lösung von Problemen mittels historischer Rückbesinnungen zu gewinnen.